Nachruf

Die Fuggerschen Stiftungen trauern um Prof. Dr. Johannes Burkhardt (1943-2022)

Am 4. August 2022 verstarb überraschend der langjährige Wissenschaftliche Leiter des Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familien- und Stiftungsarchivs. Prof. Dr. Johannes Burkhardt hatte die ehrenamtliche Aufgabe 1991 übernommen, wenige Monate nach seiner Berufung auf den Augsburger Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit, den er bis zu seiner Emeritierung 2008 innehatte.

Johannes Burkhardt setzte sogleich markante eigene Akzente: Konzentrierte sich die Fuggerforschung unter seinem Vorgänger Prof. Dr. Hermann Kellenbenz vor allem auf wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen, so erweiterte er die Perspektiven entscheidend, indem er sie mit seinen eigenen Schwerpunkten, insbesondere auf dem Feld der Kulturgeschichte und der von ihm als besonderes Anliegen betriebenen Reichsgeschichte verband. Die Fuggerhistoriographie fand mit ihm Anschluss an die Geschichtswissenschaft auf der Höhe der zeitgenössischen Interessen und Debatten im Fach. Eine Fülle hochkarätiger Publikationen in den von ihm herausgegebenen Reihen der „Studien“ sowie der „Materialien zur Fuggergeschichte“ zeugen davon, mit welch großem Erfolg Johannes Burkhardt seine Schülerinnen und Schüler zu Arbeiten mit Fugger-Bezug anzuregen vermochte: Allein neun Bände der „Studien“, darunter zwei Dissertationen, erschienen während seiner Ägide, dazu sechs Bände in den „Materialien“ sowie zahlreiche an anderen Stellen veröffentlichte einschlägige Beiträge. Vier international besetzte und weithin mit großer Aufmerksamkeit verfolgte Tagungen zur Geschichte der Familie, des Handelshauses und der Stiftungen wurden von ihm organisiert und geleitet, zuletzt ein Symposium zur Geschichte der Armut, mit dem die Fuggerforschung erstmals auch stärker ins 19. Jahrhundert ausgriff.

Was Johannes Burkhardt anlässlich seiner Verabschiedung in der Leonhardskapelle der Fuggerei am 4. Februar 2014 in einem wie stets brillant formulierten Vortrag zur Bedeutung der Fugger für die Erinnerungskultur sagte, beschrieb auf eigentümliche Weise den Redner selbst: „Mit Vernetzung zum Erfolg“, „Agenten des Föderalismus“ und „Europäisch und regional“ lauteten die Stichpunkte, in denen er griffig und überzeugend das Wirken der Fugger gebündelt sah. Vielfältige interdisziplinäre und internationale Kontakte zeichneten auch den jederzeit konzilianten und im persönlichen wie im Fachgespräch ungemein unterhaltsamen Historiker Johannes Burkhardt aus, der sich selbst als wissenschaftlichen „Agenten“ der typisch kleinräumigen Strukturen Deutschlands mit ihren charakteristischen kulturellen Leistungen begriff und als Forscher wie auch als einzigartiger „Erklärer“, der er war, wie selbstverständlich die Ebenen von lokal bis global in Bezug zu setzen vermochte.

Für die Fuggerschen Stiftungen und dessen Archiv war Johannes Burkhardt ein großartiger Glücksfall, wirkte doch mit ihm einer der renommiertesten Frühneuzeithistoriker Deutschlands vom „Fugger-Standort“ Augsburg aus zugleich in intensiver Kooperation mit den regionalgeschichtlichen Akteuren, insbesondere der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, um die Fuggerforschung mit neuen Themen und Zugängen international sichtbar und erfolgreich zu machen.

Die Fuggerschen Stiftungen sind Johannes Burkhardt zu großem und bleibendem Dank verpflichtet. Seinen Angehörigen und Freunden gilt das Mitgefühl des Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familienseniorates und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftungen, insbesondere des Archives. Requiescat in pace!

Augsburg im September 2022

Das Fürstlich und Gräflich Fuggersche Familienseniorat

sowie Prof. Dr. Dietmar Schiersner, Wissenschaftlicher Leiter des Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familien- und Stiftungsarchivs