16.09.2021
Die 6. Preisverleihung des Fugger-Wissenschaftspreises wurde am 15. September 2021 in der Leonhardskapelle der Fuggerei verliehen
Augsburg ‐ Die Historikerin Dr. Mechthild Isenmann erhält am Abend des 15. September 2021 für ihre herausragende wissenschaftliche Leistung an der Schnittstelle zwischen Wirtschaftswissenschaft und Geschichtswissenschaft in der Leonhardskapelle der Fuggerei den mit 10.000 Euro dotierten "Fuggerpreis für die Wissenschaft" verliehen, der in diesem Jahr zum sechsten Mal vergeben wird. Mit ihren Arbeiten im Bereich der sogenannten Resilienzforschung leistet Isenmann einen wichtigen Beitrag zum Verständnis, warum manche Unternehmen Störungen von innen oder außen gut bewältigen und gestärkt am Markt bestehen bleiben, andere jedoch nicht.
Nach Auffassung der fünfköpfigen Jury entsprechen Dr. Mechthild Isenmanns wissenschaftliche Leistungen hinsichtlich ihres Erkenntnisgewinns und ihrer Qualität vollumfänglich den Erwartungen: “Die Arbeit von Dr. Mechthild Isenmann ist nicht nur allein um historische Klärung bemüht, sie vermittelt auch eine Vorstellung davon, was in der industriellen Zeit und in unserer unmittelbaren Gegenwart ein Unternehmen am Leben erhielt und erhält. Isenmann erläutert schlüssig, dass die Fähigkeit, mit entschiedenem Willen und ausgeklügelten Mechanismen ein Einvernehmen unter Konfliktparteien herzustellen, entscheidend ist, um diese in eine gemeinsame Unternehmenszukunft zu führen”, erklärt Jurymitglied Alexander Graf Fugger-Babenhausen. Die Habilitationsschrift von Dr. Mechthild Isenmann erfüllt laut Jury hervorragend die Zielsetzungen und Ansprüche des "Fuggerpreises für die Wissenschaft" der erstmals 2010 verliehen wurde. Der Jury gehören unter anderem Professor Hans Ulrich Buhl und Professor Peter Welzel von der Universität Augsburg sowie Professor Dietmar Schiersner von den Fuggerschen Stiftungen an. Die Laudatio hielt Professor Markus Denzel vom Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Leipzig.
In der Habilitationsschrift von Dr. Mechthild Isenmann geht es um die Beilegung von Konflikten in Familienunternehmen. Das ist eine hochaktuelle Fragestellung, deren allgemeiner Hintergrund die sog. „Resilienzforschung“ ist. “Angewandt auf die interessiert sich Frau Dr. Isemann für die zukunftsgerichtete, langfristige Strategie, die Unternehmen am Leben erhielt, nicht für die kurzfristigen Erfolge beim Erzielen hoher und höchster Gewinne”, stellt Professor Hans Ulrich Buhl klar. So schwierig oder unmöglich es scheint, dieser Fragestellung mangels zugänglicher Quellen an aktuellen Beispielen nachzugehen, so glänzend stellt sich die Überlieferungssituation für zahlreiche oberdeutsche Handelshäuser der Frühen Neuzeit dar, wenn man wie Frau Dr. Isenmann historische Prozessakten und Buchhaltung zu lesen versteht.
Die Habilitationsschrift beleuchtet, wie Nürnberger und Augsburger Unternehmen im „Zeitalter der Fugger“ mit internen Konflikten umgingen und kommt zu dem überaus aufschlussreichen Ergebnis: In den allermeisten Fällen konnte man sich dank langfristiger Strategien und dank guten Willens einig werden. Inner- und zwischenfamiliärer Streit führte nur sehr selten zu nachhaltigen Belastungen oder gar zum Aus für diese Unternehmen. “Die Fugger selbst stehen in den Analysen von Frau Dr. Isenmann zwar nicht im Zentrum, aber in ihrer Studie entwickelt sie ein methodisches Instrumentarium und gewinnt ein Hintergrundwissen, das zum Verständnis der außergewöhnlichen Fuggerschen Resilienz entscheidend beizutragen vermag. Folgerichtig beschäftigt sich Frau Dr. Isenmann aktuell im Rahmen eines DFG-geförderten Projektes in Kooperation mit dem Fuggerarchiv Dillingen mit der Buchhaltung der Fugger, die ihr inzwischen wie keiner anderen Historikerin vertraut ist”, erklärt Professor Dietmar Schiersner abschließend.