Jakob Fugger definierte genau, wer Nutznießer seiner Sozialsiedlung werden konnte. Bewohner der Fuggerei mussten das Augsburger Bürgerrecht besitzen, katholisch und ehrbar sein. Wohnungen sollten nur an Bedürftige vergeben werden, die sich um Einkommen bemühten, z. B. an von Armut bedrohte Handwerker und Tagelöhner mit oder ohne Familie. Die eigene Wohnung war damit gewährleistet, und bedürftige Bürger waren nicht gezwungen, zu betteln oder in sichtbarer Armut zu leben. Almosenempfänger oder Bettler fielen in andere Zuständigkeiten, vor allem in die von Stadt und Kirche. Die Stiftung der Fuggerei entsprach damit dem Selbstverständnis einer Gesellschaft, für die Gemeinnutz vor Eigennutz ging. Persönlicher oder familiärer Erfolg sollte auch der Allgemeinheit zugute kommen, freiwilliges Engagement als Stifter oder Mäzen stärkte die Reputation einer Familie und erhöhte ihre Verdienste um das Gemeinwohl. Dass Jakob Fugger sein persönliches Schaffen auch ausdrücklich unter dem Aspekt des Gemeinnutzes sah, bezeugen entsprechende Äußerungen.
Die Fuggerei: Hilfe zur Selbsthilfe
Die Miete: ein Rheinischer Gulden und täglich beten
Als Jahresmiete war ein Rheinischer Gulden zu zahlen, damals etwa der Wochenlohn eines Handwerkers. Dabei beließ man es über die Jahrhunderte. Die Fuggereibewohner zahlen heute als Kaltmiete lediglich den Umrechnungswert des damaligen Guldens – derzeit ca. 88 Cent. Darüber hinaus verpflichteten sich die Bewohner, für die Stifter und ihre Familie täglich ein Vaterunser, ein Ave Maria und das Apostolische Glaubensbekenntnis zu beten. Auch dies gilt bis heute. Der Stifterwille wird über die Jahrhunderte hinweg konsequent beachtet und den Zeiten entsprechend umgesetzt. Die Bedürftigen von heute kommen aus anderen Strukturen als diejenigen vor 500 Jahren. Dennoch steht immer noch der Kerngedanke der »Hilfe zur Selbsthilfe« im Vordergrund: Die günstige Miete soll den Fuggereibewohnern von heute die Chance geben, wirtschaftlich wieder auf eigene Beine zu kommen. Es geht also um Unterstützung für Menschen, die aktiv nach Lösungen suchen. Die Fuggerei der Moderne hilft damit der Stadt, ihren Sozialetat zu entlasten.
In Stein gemeißelt – der Stiftungszweck
In der Fuggerei finden sich noch heute drei historische Tafeln, die über den Stiftungszweck informieren. Als Stifter sind die Brüder Jakob, Ulrich und Georg Fugger genannt, die »aus Frömmigkeit und hochherziger Freigebigkeit 106 Behausungen mit allen Einrichtungen ihren fleißigen, aber armen Mitbürgern geschenkt, gestiftet und geweiht« haben.